Das Herrenhaus Goldenbow hat eine lange und bewegte Geschichte. Unsere Familie hat sich 2009 der Ruine angenommen und das Haus wieder aufgebaut. Wir mussten allerdings und mit schwerem Herzen mit dem Weiterbau vor Jahren stoppen, weil es ein ganz anderes „Problem“ gibt, ohne deren Lösung ein Weiterbau sinnfrei ist. So ist denn die aktuelle Geschichte nicht eine, über die wir gerne berichten und die man gerne hören möchte. Wir möchten auf dieser Seite daher näher eingehen auf die Geschichte, die Kultur und Bauforschung.
Das Haus wurde erbaut durch Kurt Freiherr von Lützow – in dessen Familie sich der Besitz seit 1389 befand – an Stelle des dort befindlichen Vorgängergebäudes, eines einfachen Rittersitzes. Man kann sich hier ein mit Kalk verputztes Fachwerk vorstellen, deren Innenwände aus unverputztem Mauerwerk bestanden, verziert mit Wappen und Dekoren.
1696 war das Vorbild aller barocken Repräsentationsbauten in Europa das Schloss in Versailles, und überall in Deutschland bemühte man sich, diesem Vorbild zu entsprechen. Für das Herrenhaus in Goldenbow in Mecklenburg jedoch galten noch die Regeln der Renaissance, seine äußere und innere Erscheinungsform wie Raumaufteilung sind klassisch für den Frühbarock. Der zweigeschossige Backsteinbau mit kalkverputzten Gesimsen und Pilastern wird von einem hohen Walmdach beschlossen. Das geböschte Sockelgeschoss ist mit behauenen Granitblöcken verblendet. Das Gebäude ist in allen Achsen, Maßen und Raumaufteilungen nach dem goldenen Schnitt errichtet.
Der unter niederländischem Einfluss stehende Bautyp beindruckt durch seine besonders großen Fenster und die dekorative Verwendung dunkler Schmuckziegel mit großformatiger Darstellung von Namen, Buchstaben und Jahreszahlen in den Fassaden, und ist damit in seiner Form einzigartig. Kurt Freiherr von Lützow war ein überzeugter Katholik und Anhänger des Jesuitenordens, daher finden sich an der Fassade und im Inneren des Hauses viele Hinweise zum Glaubensbekenntnis, wie beispiels-weise die Namen MARIA und GIOSEP (JOSEPH), Alpha / Omega und Christusmonogramme, die aus fehlgebrandten Ziegeln in die West- und Nordseite eingelegt wurden. Weitere Ziermuster und die Jahreszahl der Erbauung finden sich an der Süd-und Ostseite des Hauses. Sie stellen eine Besonderheit dar und sind bisher nur an mittelalterlichen Kirchenfassaden bekannt. Unter dem Hauptfries der Westseite befand sich eine geschmiedete Inschrift, die ebenfalls auf die katholische Familie von Lützow hinweist: OMNIA AD MAIOREM DEI GLORIAM, der Wahlspruch des Jesuitenordens (Alles zum höchsten Ruhme Gottes). Die eisernen Letter konnten bei der Beräumung geborgen werden und erhalten nach ihrer Restaurierung wieder ihren Platz.
Im Zusammenhang mit dem großen nordischen Krieg von 1700 bis 1721 wurde Mecklenburg im Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzungen immer wieder zum Kriegsschauplatz. Am Abend des 7. Januar 1712 erreichten die russischen Truppen das Herrenhaus Goldenbow und biwakierten hier und in den benachbarten Dörfern. Seine Majestät, Zar Peter I. der Große, logierte im Herrenhaus. Der russische Zar hatte hier sein Quartier für einige Nächte bezogen und koordinierte von Goldenbow aus seine Truppen.
1756 musste die Familie von Lützow aus finanzieller Not das Gut Goldenbow samt dem Dorfe Marsow auf 40 Jahre an den Hannoverschen Oberamtmann Ritter und Edlen von Schilden zu Wüstrow (Dannenberg) verpfänden. Die Umwandlung des Pfandvertrages in einen Kaufvertrag wurde 1797 genehmigt. 1852 überließ der unvermählte Wilhelm von Schilden Goldenbow mit Zubehör seinem Schwager Jaspar von Bülow, mit der Bestimmung, daraus ein Fideikomiss zu errichten. Dieser lässt 1860 das äußere Erscheinungsbild des Hauses dem architektonischen Geschmack der Zeit angleichen, in dem er das Walmdach mit großen massiven Ziergiebeln überformte, welche ohne Beachtung der Statik des Gebäudes einfach aufgesetzt wurden und sehr viel später den Einsturz des Daches forciert haben werden. Eine umfassende Sanierung der Fassade blieb zu dieser Zeit aus, so wurde die gesamte Ostseite des Gebäudes zum Entwässerungsgraben hin niemals saniert, hier wurden weder Stukkaturen angebracht noch Fenster erneuert, die Fassade blieb hier also in ihrer ursprünglichen Form von 1696 erhalten.
Nach Kriegsende wurden im bereits stark sanierungsbedürftigen und geplünderten Herrenhaus Flüchtlinge untergebracht, Ende der 1980er Jahre wurde das mittlerweile verfallene Haus leergezogen und nochmals geplündert. Die Treuhand wickelte nach dem Fall der Mauer das Herrenhaus ab und es wurde als Spekulationsobjekt mehrfach veräußert, wie so viele andere Häuser. In dieser Zeit wurde das Haus nochmalig geplündert, Holzkonstruktionen, Türen, Fensterrahmen und Treppenstufen wurden herausgerissen und als Brenngut verwertet, Teile des Granitsockels wurden entfernt und das Haus war freigegeben für allerlei Vandalismus.
Die Fassade des Obergeschosses der Nordseite wurde beispielsweise für Feuerwehrübungen genutzt und zum Einsturz gebracht.
Der letzte Besitzer stellte in den späten 90er Jahren erfolgreich einen Abrissantrag für das mittlerweile zu einer Ruine verkommene Haus. Auf dem Grundstück sollten nach dem Abriss mehrere Einfamilienhäuser errichtet und die Ziegelsteine des Hauses meistbietend verkauft werden. Nachdem der Abrissantrag durch die obere Denkmalschutzbehörde MV genehmigt worden war, kam doch die Rettung in letzter Sekunde.
Die „Stiftung Herrenhäuser und Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern“, eine Treuhand der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz, ergriff sofort Gegenmaßnahmen und konnte tatsächlich den Abriss verhindern, denn die Maschinen waren bereits unterwegs. Sie erwarb die Ruine des Herrenhauses Goldenbow und suchte nach passenden Gutshausrettern, uns.
Fortsetzung folgt.